Das Männerhaus und die Stadtplanung ins Blaue
Ein paar erste Früchte meiner 2025er Tippeltour im Burscheider Wahlkreis 7 und der Umgebung:
Männerhaus, Berliner Kissen und ein Kreisel
In Bornheim gehe ich mit Gany – Schäferhund- oder Husky-ähnlicher Canide mit dem Migrationshintergrund Teneriffa – auf Suche nach sog. Unterstützungs-Unterschriften. Längeres Gespräch über die jugendgefährdende Sendung „Tiere suchen ein Zuhause“, die uns über unsere Tochter über Jahrzehnte Haustiere eingebracht hat. Zugeben: Das hat uns gut auf Trab gehalten. Über (früher) heimatlose Tiere kommen wir rasch auf „Männer, die Schutz und ein neues Zuhause bräuchten“ 😉Also: vielleicht ein Männerhaus für Burscheid. Angemerkt: In Ansätzen gibt es das ja schon, mit dem unter mehreren Aspekten sehr verdienstvollen Burscheider Reparatur-Café. Und, genau das will ich auch aus stadtplanerischen Gründen sehr, sehr unterstützen: Unser Reparatur-Café im Rahmen des TriCafé soll ja, wenn alles weiter gut geht, im kommenden Jahr in die untere Hauptstraße umziehen, in das traditionsreiche Kramer-Haus zwischen Bücherei und Gemeindehaus. Dann sogar zusammen mit einem weiteren und bei uns völlig neuen Highlight – einem (auf Neudeutsch) Maker-Space an der Stadt-Bücherei, der einige interessante, aber für uns Normalverbraucher meist zu teure Kreativ-Werkzeuge anbieten wird: Etwa einen 3D-Drucker zum Selbst-Ausprobieren! Und pardon, das ist dann natürlich nicht Männersache, sondern die der Mädchen & Frauen ebenso. Letztere könnten sich dann etwa auch Ihren Gatten nachdrucken, im gut zu transportierenden HO-Maßstab… Und wie gesagt: Eine phantastische Perspektive für unsere „Alte Mitte“, die ja seit langem unter Schwindsucht litt. Der durch eine „Neue Mitte“ in der Montanusstraße weiter das Licht genommen werden könnte.
Das Verrückte ist: Unser traditioneller Siedlungskern – Kirchenkurve und untere Hauptstraße - und die Frage, wie das alles wieder wachgeküsst werden könnte, das war ein zentrales Argument dafür, überhaupt einen größeren Wurf für die Stadtentwicklung zu wagen, war der Ausgangspunkt für das sehr vielgestaltige „Integrierte Entwicklungs- und Handlungskonzept Burscheid 2025“, das der Projektentwickler ASS aus Düsseldorf detailliert ausgearbeitet hat. Man kann dies live und in Farbe als pdf auf der Internet-Seite der Kommune finden = https://www.burscheid.de/portal/seiten/stadtentwicklung-900000126-40230.html# . Und wenn man da nachblättert, dann findet man die Sanierung genau dieses Stadtteils im IEHK sogar als zuallererst ausbuchstabiertes und ab 2018 zu realisierendes Handlungsfeld, auf den Seiten 136ff, wo die konkreten IEHK-Maßnahmen beginnen, und auf S. 184, 190f, wo die Kosten dazu kalkuliert sind. Aber: eider, leider ist heute das ganze schöne Fördergeld für das IEHK bereits anderweitig ausgegeben oder fest verplant, etwa auch zur Vorbereitung der „Neuen Mitte“ in der Montanussstraße. Warum, wie und wann sich die Prioritäten hier so massiv verändert haben, das hat bisher niemand den Bürger*innen erklären wollen. Auch wenn es im IEHK auf S. 182 recht treuherzig heißt:
„Die Sachstände einschließlich der Kosten müssen während des Realisierungsprozesses sukzessive aktualisiert und in den politischen Gremien und mit der Bürgerschaft diskutiert werden. Es bleibt auch weiterhin ein demokratischer Prozess“ (Hervorhebungen von mir; eine entsprechende Bürger-Info hat es zum Absetzen der Altstadt nie gegeben).
Bei mehreren Gesprächen in Kuckenberg, u.a. bei dem famosen pop-up Hoffest der Meinhardts und Filters an Kuckenberg 54/54a am 18.6.2025 (danke, das braucht das Dorf!) kam die Sprache auf ein oder mehrere Krefelder oder Berliner Kissen in Kuckenberg, also leichte Polster / Schwellen auf der Fahrbahn – sie ist hier gleichzeitig auch Fuß-/Radweg und Kinderspielplatz – die an die schon vor Jahrzehnten nach einigem Quälen eingerichtete Tempo-30-Zone erinnern sollen. Zu den beträchtlichen mentalen Hindernissen siehe noch unten unter „Stadtplanung ins Blaue“.
In Neuenhaus erinnerte ein in langjährigen, bis heute leider erfolglosen Dialogen gestählter Bürger an die besonderen Risiken der Kreuzung der Straße nach Opladen mit der Industriestraße / Dierather Straße und den hier seit Jahrzehnten breit geforderten Kreisverkehr – man stünde da leider am Ende einer aussichtslos langen Schlange anderer Verkehrsprojekte. Tja, und hier kann man wirklich mit dem Kopf schütteln. Zwischenzeitlich hatte man mal – auf Einwirken des Kreises – sogar die zulässige Geschwindigkeit im Kreuzungsbereich von 50 km/h auf 70 erhöht – bei einer schlecht einsehbaren und durch die Schule Dierath in Intervallen stark belasteten Kreuzung! Zumindest das konnte nach umfangreichen Protesten nach immerhin zwei Jahren revidiert werden, siehe etwa https://uliswahlblog.blogspot.com/2009/08/das-vaterlose-schild-und-die.html
Besser keine Planung ins Blaue!
Am 24.6.2025 im Burscheider Stadtentwicklungsausschuss / StEA: TOP Ö1 ist dort wie in allen Ausschüssen die sogenannte Einwohnerfragestunde; man kann das nach Kräften für den Dialog nutzen. Zwei Punkte interessieren mich besonders – TOP Ö5 zum in Hilgen auf der Fläche des Hotel Heider geplanten neuen Discounter = LIDL, dort insbesondere die jeweils nach § 11 Abs.3 BauNVO erforderlich Verträglichkeitsanalyse. Und dann noch der prinzipiell sehr begrüßenswerte Antrag des BfB unter TOP Ö6, einen Gehweg zwischen Herkensiefen und Paffenlöh herzustellen, übrigens ein jahrzehntealter running gag der Stadtplanung, der immer und immer wieder am Widerspruch eines Grundeigentümers gescheitert sein soll.
Zu TOP Ö5 / Verträglichkeitsanlayse für einen neuen LIDL-Markt
weise ich auf die wiederholten und deutlich warnenden Hinweise des Gutachtens
auf die bereits heute im Bundesvergleich weit überdurchschnittlichen Verkaufsflächen
für Nahrungs- und Genussmittel hin (mit LIDLneu werden wir bei den
Discounterflächen satte 206% der bundestypischen Fläche erreichen) und
auf den bereits prognostizierten weiter intensivierten Wettbewerb (z.B. S. 28f,
34f, 36f, 40; die Datei ist im Angebot der Kommune herunterzuladen) und auf die
ggf. negativen Auswirkungen auf öffentliche Kassen. Nach Reaktion des
Beigeordneten wisse man nicht (!), ob dies auch für Burscheid nachteilig sein
werde; die Firmen hätten halt vielfältige Möglichkeiten, Steuern zu vermeiden
oder zu manipulieren. Fakt bleibt allerdings: Die Firmen betreiben eine
aggressive Politik der Flächenerweiterung (siehe ausdrücklich auch Analyse S.
25), nach den angebots- und nachfrageseitigen Faktoren besteht kein Grund für
weitere Flächen in Burscheid (Analyse S. 26) und irgendjemand muss eine so
sinnfreie Investition amortisieren – da wir nicht mehr essen und trinken wollen
werden oder dies nicht bezahlen können, landet der millionenfache Aufwand am
Ende in jedem Fall in den staatlichen Kassen. Und damit bei uns allen, ohne
Gegenwert.
Zu TOP Ö6 / Fußweg nach Paffenlöh
bitte rege ich eine systematische Analyse
der für Fußgänger / Radfahrer ggf. kritischen Infrastruktur im Stadtgebiet an, nach dem sehr vernünftigen ADFC-Motto einer möglichst "fehlerverzeihenden Infrastruktur". Als Negativ-Beispiel weise ich auf die immerhin erst nach 1945 angelegte (!) Straße „In der
Dellen“ hin. Diese eng besiedelte Straße bietet anstelle von Bürgersteigen nur Kleiderbügel-breite „Notstege“, völlig ungeeignet
für Kinderwagen, Rollatoren oder ähnliche Hilfen. Sich dort an den parkenden Autos vorbei
zu schlängeln, das kommt nach meiner mehrfachen Erfahrung einer Mutprobe
gleich. An anderen Stellen wie etwa in Kuckenberg etwa (s.o.) mag es sehr sinnvoll
sein, den selbstbewusst vorwärts strebenden Verkehr durch Kissen oder sonstige
Formen der Fahrbahngestaltung an Vorsicht, Umsicht und Rücksicht auf die Schwächeren zu erinnnern.
Leider konnte und wollte die Kommune hinsichtlich einer Strategie keinerlei Hoffnungen machen. Nein, so sagte der Beigeordnete, „Planungen ins Blaue“, das wäre nicht das Ding der Stadt. Man mache eben immer dann etwas, wenn man sich – etwa wegen anstehender Reparaturen – ohnehin mit den jeweiligen Punkten beschäftigen müsse (!). Das ist so ziemlich das genaue Gegenteil reflektierten und nachhaltig geplanten Verwaltungshandelns, nicht wahr? Und ziemlich genau: "aus der Hand in den Mund". Ohne Prioritäten-Bildung.
Ein klein wenig erinnert fühle ich mich hier an eine vorangegangene Sitzung des StEA, in der die Hochwasserfolgen jener großen Flut erörtert worden waren, die größere Teile von Hamberg bzw. des Forellentals hurtig nach Leverkusen gespült hatte. Nämlicher Vertreter der Stadt hatte damals auf Fragen betroffener Anwohner zur Finanzierung künftiger Vorsorge recht sparsam entgegnet: Wer dort siedele, dem müssten die Risiken von Tallagen doch bitte völlig bewusst sein. Das mag sein – und doch hat sich in den vergangenen 50 Jahren sehr viel verändert, das eine systematische Analyse und entsprechende gemeinschaftliche Vorsorge rechtfertigen würde. Es geht hier – wie auch an anderen Stellen – eher um Problemstellungen der Allmende als um solche des Privatbesitzes.
Allerdings hat die Einlassung viel von einer bedeutenden Strömung im US-amerikanischen Haftungsrecht: „Leave losses where they fall!“ Und spare Transaktions-Aufwand. Der Schöpfer wird’s schon richten 😉