Sonntag, 2. Juni 2019

Saugen, nicht heulen

Aus der immer wichtigeren Reihe "Rettet die Hardware!" ein weiterer Beitrag: Wie vermeide ich, einen heuligen Sauger zum Elektroschrott zu karren?

Die Vorgeschichte: Ich hatte unseren etwas betagten Bosch-Staubsauger, dem ich vor Jahren schon mal die brüchigen Plastik-Füßchen durch Prothesen aus stabileren Holz-Rollen kuriert hatte,
für ein Neubau-Projekt ausgeliehen; dort nahm er wacker den Sägestaub von ca. 100 qm Laminat-Zuschnitt auf. Das Problem enstand, als der bald prall und sehr kompakt gefüllte Beutel dem Gehäuse entzogen wurde - dabei wurde es eng und einer der beiden Plastik-Bolzen brach ab, mit denen die Aufnahme des Beutels dreh- bzw. schwenkbar bar zum Gehäuse verbunden ist.
Das heißt, eigentlich begann das Drama, weil sich jener Noppen irgendwie unbemerkt durch die Fichten getan hatte, sodann der nächste & leere Beutel nicht mehr in die rechte Flucht mit dem flexiblen Teil des Saugrohres kam, der bald im Mengen folgende Staub/Dreck den Beutel mied und per Bypass direkt durch den Motor flutete und dieser Motor wiederum nach einer gewissen Zeit anfing, schräge Lieder zum Vortrage zu bringen.

Exkurs: Plastik. Es gibt eine geradezu seherische Szene in dem unvergesslichen Film "The Graduate" / "Die Reifeprüfung". Ein aufgeblasener Freund von Benjamin Braddocks Eltern nimmt den um seine Zukunft besorgten College-Absolventen bei der Abschlussfeier beiseite und raunt ihm in nachrichtendienstlicher Sherlock-Hemlock-Manier zu: "One word." Als Benjamin  verständnislos dreinschaut, setzt er hinzu: "Plastics." Und wiederum einen Moment später: "Shhh! Nuff (= Enough) said..." Tja, manchmal sollte man Plastik wirklich vergessen - wenn es schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat und seine Beweglichkeit und Anschmiegsamkeit dahin sind. Exkurs Ende.

Nun gut: Schnell eine weitere Prothese zubereitet, die den abgebrochenen Bolzen willig ersetzt (hatte zufällig noch eine längere Fiberglaswelle aufgehoben, sie passte im Durchmesser befriedigend genau). Das nächste - oder unbemerkt verbliebene - Problem: Der Beutel sitzt jetzt zwar so, wie er soll, und der Bypass ist kuriert, aber der Sauger heult nun selbst bei geringeren Touren wie eine ausgewachsene ABC-Sirene. "Absolut unzumutbar!" befindet meine bessere Hälfte. Bleibt nichts, als das Schätzchen nun völlig zu desintegrieren und zu reinigen. Zum Öffnen des Gehäuses braucht's zunächst mal einen langstieligen Torx-Schraubenzieher. Mit einer normalen Bit-Aufnahme und dem (grundsätzlich) passenden Bit kommt man nun nicht weiter; denn zwei der drei Schrauben sitzen tief in engen Röhren mit max. 10 mm Durchmesser verborgen. Und weiter ist Vorsicht angebracht: Neben den drei Torx sind noch weitgehend verdeckt zwei Plastik- (s.o.!!!) Spangen zu lösen; an diese kommt man nur durch eine kleine Gehäuse-Öffnung neben dem linken Hinterrad und unter (!) dem rechten Hinterrad.

Dann allerdings kann man den Deckel über dem Motor (langsam & sensibel!) nach oben abheben. Wie vermutet: Darunter und insbesondere im Lüfterrad des Motors, das die gesamte Luft bewegt, ist alles mit Staub/Dreck verstopft. Selbst der Innenluftfilter, der die angesaugte Luft vor der Abgabe ins Zimmer nochmals etwas reinigen soll, ist von innen wie zugespachtelt.

Alles soweit zugänglich gereinigt; dann vorsichtshalber noch den recht riefigen Kollektor des Motors behelfsmäßig abgezogen. Das geht recht praktisch mit einem zweiten Staubsauger und etwas 1000er Nass-Schleifpapier: Das Rohr des Zweit-Saugers auf die Ansaugöffnung unseres Problemkindes aufgesetzt - der Luftstrom bringt dann das Lüfterrad und damit die Motorwelle passiv zur Rotation, das etwas befeuchtete Schleifpapier mit dem kleinen Finger leicht auf den Kollektor gedrückt - und schon nach kurzer Zeit strahlt er wie ein Baby-Popo.
Alles wieder sorgsam zusammengesetzt, Filter erneuert und eingeschaltet: Es faucht angemessen, aber es heult nicht mehr. Ich hoffe, damit sind ihm und uns noch ein paar familiäre Nutzungsjahre beschert ;-)

Da wären noch ein paar nette Reparatur-Projekte zu schildern - etwa unsere Kaffeemaschine, der erst auf einer Flugreise der Tassen-Balkon abgebrochen war und die dann später zu ersticken drohte, unser Toaster, der u.a. mal brennend aus dem Fenster gesegelt war, aber wieder hereingebeten wurde, eine kreuzlahme Sofa-Landschaft, deren brüchige Spanplatten-Statik durch eine veritable Fichten-Plombe geheilt wurde und ein Familien-Auto, dessen eine hintere Türe für mehrere Monate versperrt blieb. Und solange die Türe geschlossen ist, ist nun mal die Türverkleidung nicht zu lösen und wird das Schloss nicht zugänglich...

Bei Gelegenheit zu alldem mehr; wie gesagt: Rettet die Hardware! Meist kann man noch was tun und das macht dann sogar Spaß wie Kreuzworträtsel- oder Puzzle-Lösen... Und wenn's dann am Ende wieder richtig brummt...

Noch ein kleines Nachtrags-Reparatur-Projekt vom gleichen Wochenende, als ich mit Schwiegesohn und Enkelin auf dem Radweg unterwegs war: Das Hinterrad am Kinderfahrrad hatte mehr atü verlangt, aber die Pumpe wollte/konnte nix hineinpressen. Beim Auseinanderschrauben wird das Problem gleich sichtbar - es hatten sich innendrin der Schaft der Pumpe und der Plastikkopf (mit der Druckdichtung darauf) in Unfrieden getrennt, der Kopf klemmte verkantet am unteren Ende des Rohrs und drückte dort rein garnichts mehr, außer sich selbst.


Ich bin ja eigentlich gegen die Todesstafe; nur bei Ingenieuren zwickt es mich hier und da, für eine Ausnahme zu plädieren. Hier war der Defekt programmiert; denn besagter Plastikkopf klemmte in dem (seitlich noch dazu der Länge nach geschlitzten und damit eher labilen) Schaft, war nur durch ein paar nach innen gepresste kleine Blech-Beulen befestigt. Einige Zeit kraftvolles Pumpen muss diese Verbindung früher oder später lockern. Vorsorge/Abhilfe wäre dabei recht einfach und auch billig gewesen, entweder durch eine feste Wicklung von Textilband rund um das Schaft-Ende oder - das ist hier meine Wahl - eine kleine Bohrung quer durch das Schaftende inclusive eingesetztem Plastikkopf und das Einsetzen eines Sicherungsdrahtes - hier einfach einer passend gebogenen und gekürzten Büroklammer.


Geht doch - und wird nicht einfach mitten auf einer Tour versagen. Ansonsten wäre die Pumpe auch im Müll gelandet.

Die zweite - baugleiche - Pumpe am Fahrrad meiner Einzigen und Besten habe ich nach dem precautionary principle gleich mitbehandelt. Wie sagt dieser wichtige Grundsatz doch so richtig:

Angesichts der Gefahr irreversibler Umweltschäden soll ein Mangel an vollständiger wissenschaftlicher Gewißheit nicht als Entschuldigung dafür dienen, Maßnahmen hinauszuzögern, die in sich selbst gerechtfertigt sind. Bei Maßnahmen, die sich auf komplexe Systeme beziehen, die noch nicht voll verstanden worden sind und bei denen die Folgewirkungen von Störungen noch nicht vorausgesagt werden können, könnte der Vorsorgeansatz als Ausgangsbasis dienen.




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