Dienstag, 8. Juli 2025

13 von 21 Klammern

13 von 21 Klammern

Tatsächlich habe ich am Wochenende noch reiche Ernte eingefahren. Und interessante Kontakte erlebt - der angenehmen wie der sehr erschreckenden Art; siehe dazu meinen vorangegangenen Blog-Post. 

Aber dennoch habe ich am Sonntag Abend "Schmitz' Backes" nicht einmal klein am Horizont gesehen. Es hat am Ende für eine Bürgermeister-Kanndidatur nicht gereicht. Für die Bewerbung um einen Ratssitz dagegen habe ich das Qualifying erfolgreich absolviert; dabei bleibt's dann auch.
 
 

 
Oben die Beute, was die Häuptlings-Vorwahl angeht. Zur leichteren Übersicht sind immer 10 Unterstützungsschriften per Büroklammer gestapelt. 13 Klammern sind's geworden, davon die letzte nicht ganz ausgelastet - insgesamt waren es 127 Unterstützer*innen. Aber 200 hätten es sein sollen, besser immer etwas mehr, weil halt an der einen oder anderen Unterschrift etwas bei genauer amtlicher Prüfung auszusetzen sein könnte, etwa, dass ein Burscheider Wohnsitz nicht korrekt gemeldet ist, keine passsende Staatsangehörigkeit nachgewiesen ist und die eigenhändige Unterschrift Fragen aufwirft. Also sollte man am besten mit minndestens 21 Klammern kalkulieren. Und die hatte ich halt nicht.
 
Zum Vergleich: 2009 hätte ich - ebenfalls im Rahmen der Burscheider Bürgermeister-Vorwahl - nur 160 Unterschriften gebraucht. Tatsächlich hatte ich dann aber über 240 zusammengescharrt, hatte also, um im obigen Bild zu bleiben, 25 von 16 Büroklammern. War also mit dabei, als insgesamt vier zur Bürgermeisterwahl antraten - Herr Caplan für die CDU, Herr Baggeler für die damals neugegründeten "Bürger für Burscheid" (aus CDU'lern, die sich kommunalpolitisch selbstständig gemacht hatten), Herr Jakob für die SPD und ich als Unabhängiger. Immerhin habe ich 2009 auch noch 11% der Stimmen geholt, so aus dem Stand gar nicht so ganz schlecht.  
 
Aber diesmal habe ich schon in den Primaries die Latte gerissen. Eine kurze Manöverkritik dazu:
  1. Es gibt keine ausgesprochene Wechselstimmung und ich würde auch lügen, wenn ich Dirk Runge einen schlechten Bürgermeister nennen würde.
     
  2. Mein Kernthema "Stadtentwicklung" ist für die allermeisten denn dann doch zu theoretisch, trotz der hohen zumindest mittelfristigen Relevanz für unsere Lebensverhältnisse und
     
  3. ich selbst wirke möglicherweise auch zu sehr wie ein Outgrouper, mit dem gemeinsam die Ingrouper im Rat vielleicht nicht ausreichend harmonisch gestalten könnten. Zum Vergleich: Weder Rudi Dutschke noch Uschi Obermaier haben sich ihrerzeit um eine Kanzlerkandidatur bemüht. Einmal APO, immer APO.

  4. Nicht zuletzt: Zum ersten Mal in meinem Leben - und das wird ja voraussichtlich so bleiben - ist der Papst jünger als ich ;-) Und dieser Umstand mag den meisten sicher auch nicht als Erfolgsgarantie für einen guten Vollzeit-Job erscheinen.  
Etwas leid tut es mir aber um die nun etwas geringere Chance, Spannung und Interesse und Beteiligung für die Kommunalwahlen zu induzieren. Leichlingen kann diesmal wohl mit acht BM-Bewerbern aufwarten - das zeigt einen demokratisch m.E. besseren Wirkungsgrad ... Kleiner ökonomischer Vorteil für Burscheid: Mit großer Wahrscheinlichkeit muss nun keine Stichwahl finanziert werden. Das tröstet mich dann wieder etwas, bei den längst wieder eingetrübten steuerlichen Aussichten. Und es trösten mich die vielen guten Vernetzungen rund um mein "Qualifying". Allen, die mich ermutigt, mit Rat und Tat unterstützt und hier und da wieder angeschoben haben, meinen herzlichen und kommunalpolitischen Dank!

Aber bei meiner Kandidatur für die Vertretung des Burscheider Wahlkreises 7 - von Grünscheid bis in die untere Hauptstraße - dabei bleibt es natürlich. Und bei meinem Wahlblog. Nach dem Motto: Es bleibt immer etwas hängen ;-)
 
Vielleicht gibt es noch einen Grund, jetzt keine Experimente zu wagen und das Bewährte zu bewahren; ein Bekannter hatte das gestern erwogen und es klingt zumindest nicht unschlüssig: Um uns herum gibt es in den letzten Monaten, wenn nicht Jahren außergewöhnlich viel Wandel, viel Unsicherheit und viel Umorientierung. Ein bisschen wie die mal von Nietzsche beschworene "Umwertung aller Werte". Um die Komplexität nicht unnötig zu erhöhen, mag man dann eher gewillt sein, den Nahbereich als "steady state" zu bewahren, sich also eher (im Wortsinn) konservativ zu orientieren. 
 
Zu dieser derzeit etwas wirren Lage werde ich meinen nächsten Post schreiben.

 

Montag, 7. Juli 2025

Von Burscheider Ampeln und Sprachen

 

Von Burscheider Ampeln und Sprachen

Am 5.7.2025 lauere ich wieder am Burscheider Markt arglosen Passant*innen auf. 

 

Um sie in ein Gespräch über Burscheid, Stadtentwicklung und ganz nebenbei ein paar Unterschriften zu verwickeln. Ich habe mein Plakat von 2009 mitgebracht – Aussage: „Gönnt den Parteien doch mal ihre Auszeit“ – und mit einem Bild, das mir i.J. 2025 natürlich etwas schmeichelt, habe es minimal invasiv an dem Stamm eines der beiden verbliebenen Makrolon-Bäume angeklebt und habe auf einem apportierten Campingtisch meine give-aways ausgebreitet: 

 

Mein Wahlprogramm, meine selbst gefertigten kleinen Visitenkarten („geniale Lesezeichen!“) und natürlich die hektographierten Vordrucke für Unterstützungsunterschriften. Denn die zweihundert vom Beigeordneten eigenhändig mit Paraphe abgezeichneten Exemplare aus dem persönlichen Wahl-Kit, das man bei der Stadt Burscheid bekommt, die sind schon seit vielen Tagen aus. Anm.: Am Ende werde ich ca. 1.000 Stück verteilt haben, auf einigen zehn Kilometern per Rad, Einrad und zu Fuß. Den Nachdruck hat sehr preiswert, stressfrei und professionell ein Copyshop in Köln/Deutz an der Betzdorfer Straße besorgt. 

Das IEHK - das Integrierte Entwicklungs- und Handlungskonzept Burscheid 2025, nach dem ja eigentlich alles rund um mich herum bereits frisch beatmet sein sollte - das habe ich zum allfälligen Nachblättern und Vorzeigen natürlich auch dabei; es liegt sonst gerne unter meinem Kopfkissen. Einige Unterschriften kann ich dann am Markt auch ohne Waffeneinsatz leicht herausholen. Ganz sicher ist dabei von Nutzen, dass die Presse kurz vorher über mein unerhörtes Projekt berichtet hatte. Aber wichtig werden auch mehrere Gespräche, eines davon allerdings auch erschreckend.

Weiterführendes

Zunächst die konstruktive Unterhaltung, die auch zu einer weiteren Aktivität führen muss und wird; das ist dann später an dieser Stelle zu dokumentieren: Eine rüstige ältere Dame kommt mit ihrem Rollator vorbei und fragt neugierig, was bitte ich hier denn wohl treibe. Meine erste Erklärung bringt sie dann ein wenig in Wallung. Sie habe sich mehrfach an die Stadtverwaltung gewandt, da sie mit ihrem Rolli und ihrer relativ geringen Geschwindigkeit ständig Probleme mit zu kurzen Ampelphasen habe und bisweilen auf einer Insel mitten in der Fahrbahn strande, dort die nächste Grün-Phase abstehen müsse. Daran wäre leider, leider auch nichts zu ändern, sage die Verwaltung. 

Das führt nun aber zu unserer Verabredung: Wir werden nacheinander ein paar dieser kritischen Stellen ablaufen / abfahren und das Problem visualisieren bzw. per Video aufzeichnen – hoffentlich dann aber ohne casualties. Eine dieser Stellen wäre der Fußgängerüberweg am oberen Ende der Hauptstraße, dort, wo sie in die Höhestraße übergeht. Eine zweite neuralgische Stelle wäre der Übergang über die Friedrich-Goetze-Straße in Richtung Dammstraße. Anbei: Das wäre doch eine wunderbare Stelle für den guten alten Zebrastreifen, nicht wahr? Und wo bitte sind die ganzen Zebrastreifen abgeblieben, mit ihrem eindeutigen Vorrecht für die körperlich unterlegenen Fußgänger? Das letzte hier überlebende Zebra ist wohl dasjenige gegenüber von der Stadtbücherei. Ich plädiere für umgehende Nachzucht. Freier Gang für freie Bürger*innen! Der dritte „Tatort“ wäre die lange und mehrfach gewundene Straße „In der Dellen“ mit ihren eingebauten Herausforderungen und Abenteuern für Jung und Alt: Die Straße ist zwar Nachkriegsware, aber für Kinderwagen, Rollatoren oder Rollstühle eindeutig zu sparsam gebaut. Es gibt keine Bürger*innen*steige, sondern gerade mal kleiderbügelbreite „Notstege“, dazu parkende Autos, um die man sich irgendwie herumjonglieren muss, und natürlich rollenden Verkehr. Ich denke nicht, dass man dort guten Gewissens Kinder sich frei entfalten lassen könnte. Genau das wollen wir zeigen. Und es es liefe auch nicht auf "Planung ins Blaue" hinaus, wie im früheren Post benannt. Sondern es hätte Ziel und Nutzen.

Erschreckendes

Die erschreckende Erfahrung kommt hintendran und trifft mich auf dem falschen Fuß. Es fängt recht harmlos an: Ein Paar mittleren Alters, gut gekleidet mit durchaus elaboriertem Code sprechend bedauert, bei mir nicht unterschreiben zu können – sie kämen halt aus Odenthal. Odenthal, da erinnere ich mich an ein Paar vor genau einer Woche an gleicher Stelle. Sie hatten zu meiner ersten Verblüffung und dann Freude klar gemacht: Burscheid hatten sie gerade wegen des schönen Flairs der Innenstadt aufgesucht, schonn mehrfach, wegen ansprechender Geschäfte wie Liebevoll oder für das schnuckelige neue Café Mösch. Und ich war verdutzt bis entzückt: Das „arme“ Burscheid ist sogar für das einkommensstarke Odenthal attraktiv, und zwar wegen einiger recht neuer und gar nicht voluminöser privatwirtschaftlicher Aktivitäten und Angebote! Weit vor einem weiteren Vollsortimenter. Weiter so! 

Drum denke ich am 5.7. zunächst, das weitere Odenthaler Paar ticke in einem ähnlichen Takt. Verrückterweise: Weit gefehlt. Nein, Burscheid gefiele ihr überhaupt nicht, sagt die Dame. Warum bitte, hake ich nach, etwas irritiert. Ja, in Burscheid werde zu wenig Deutsch gesprochen. Wie bitte? Offenbar geht es um Migration und ich sage, dass Burscheid – wie auch andere bergische Städte – natürlich einige Bürger mit Einwanderungsgeschichte hat, etwa seit Jahrzehnten in der Metallverarbeitung beschäftigt. Nein, das wäre es gar nicht, es ginge um die vielen Asylanten. Darauf entgegne ich und nehme meine Stadtverwaltung ausdrücklich in Schutz: Burscheid bekomme ebenso wie auch Odenthal Flüchtlinge zugewiesen. Und man solle auch nicht vergessen, dass wir Industriestaaten durchaus auch eigene Fluchtursachen setzen würden. Sei es durch auswärtige Gewalt (zur Zeit des bekannten Peaks i.J. 2015 kamen der größte Teil aus dem ehemaligen Jugoslawien; nach aktuellen Meldungen liegt der Schwerpunkt heute in Afghanistan, und auch da waren wir militärisch sehr aktiv), sei es durch klimatische Veränderungen, die insbesondere in Ländern der Dritten Welt massive Probleme bereiteten. Nein, hörte ich dann, die Ursachen der Migration interessierten hier überhaupt nicht; es ginge nur darum, dass das hier keiner im Griff habe! 

Ich denke, ich sprach mit klaren Rechtsaußen, aus der Mitte der Gesellschaft. Aber wieso sie gerade Burscheid besucht hatten, um ihrem toxischem Ärger Luft zu machen, das bekomme ich nicht heraus. Mir ist dann allerdings recht unwohl. Aber genau darauf müssen wir uns bei der kommenden Wahl gefasst machen und vorbereiten.

Entschädigung

Des Abends hat Armin Busch in die einzigartige Dierather Kulturscheune eingeladen, zu einem weiteren Höhepunkt in seinem völlig eigen-initiativen Kulturprogramm. Das Geschäftsmodell ist einfach, aber wirksam: Jede*r Gast kommt auf persönliche Ansprache oder Flüsterpropaganda, kein Eintritt, aber ein großer „Klingelbeutel“, der den Musikern zugutekommt. Die aber allein wegen der legendären Atmosphäre der Kulturscheune angereist wären, typischerweise wiederholt, wie beim Kölner Treff. Und aus aller Herren Länder. Heute ist es das brillante Bernd Steinmann Quintett, das sich aus dem Essener Gitarrenduo Bernd Steinmann und Stefan Loos, dem Mann am Kontrabass, Martin Breuer, der Klarinettistin Annette Maye und der Geigerin Antje Vetter formiert hat. Und nun die Scheune von der Renaissance zum Flamenco fliegen lässt (so auch die aktuelle CD). Resonanz im gesamten Saal. Genial. Auch mit überirdisch süffigen eigenen Kompositionen. Und packende Percussion ohne jedes Schlagzeug. Da komme ich ein Stück weit vom ganzen selbstgemachten Tohuwabohu wieder herunter. Danke! Beim Wein im Anschluss kommt das Gespräch zwar wieder etwas auf die Wahl – aber sehr entspannt.

Eigentlich kein schlechter Ausklang meiner ersten Wahlphase. Recht gut, nicht ganz gut. Denn trotz einer reichen Stimmenernte an diesem Wochenende wird es am Ende jedenfalls für die Kandidatur zum Bürgermeister nicht ganz reichen; dazu näher im nächsten Post. Aber für einen Ratssitz im Wahlbezirk Nr. 7 – von Grünscheid über Kuckenberg und Massiefen bis in die untere Hauptstraße – dafür werde ich immerhin auf dem Stimmzettel stehen. Und werde weiter für die Wahl und für eine gute Wahlbeteiligung werben. Und gegen falsche Alternativen.

Montag, 30. Juni 2025

Das Männerhaus und die Stadtplanung ins Blaue

 

 


Das Männerhaus und die Stadtplanung ins Blaue

Ein paar erste Früchte meiner 2025er Tippeltour im Burscheider Wahlkreis 7 und der Umgebung:

Männerhaus, Berliner Kissen und ein Kreisel

In Bornheim gehe ich mit Gany – Schäferhund- oder Husky-ähnlicher Canide mit dem Migrationshintergrund Teneriffa – auf Suche nach sog. Unterstützungs-Unterschriften. Längeres Gespräch über die jugendgefährdende Sendung „Tiere suchen ein Zuhause“, die uns über unsere Tochter über Jahrzehnte Haustiere eingebracht hat. Zugeben: Das hat uns gut auf Trab gehalten. Über (früher) heimatlose Tiere kommen wir rasch auf „Männer, die Schutz und ein neues Zuhause bräuchten“ 😉Also: vielleicht ein Männerhaus für Burscheid. Angemerkt: In Ansätzen gibt es das ja schon, mit dem unter mehreren Aspekten sehr verdienstvollen Burscheider Reparatur-Café. Und, genau das will ich auch aus stadtplanerischen Gründen sehr, sehr unterstützen: Unser Reparatur-Café im Rahmen des TriCafé soll ja, wenn alles weiter gut geht, im kommenden Jahr in die untere Hauptstraße umziehen, in das traditionsreiche Kramer-Haus zwischen Bücherei und Gemeindehaus. Dann sogar zusammen mit einem weiteren und bei uns völlig neuen Highlight – einem (auf Neudeutsch) Maker-Space an der Stadt-Bücherei, der einige interessante, aber für uns Normalverbraucher meist zu teure Kreativ-Werkzeuge anbieten wird: Etwa einen 3D-Drucker zum Selbst-Ausprobieren! Und pardon, das ist dann natürlich nicht Männersache, sondern die der Mädchen & Frauen ebenso. Letztere könnten sich dann etwa auch Ihren Gatten nachdrucken, im gut zu transportierenden HO-Maßstab… Und wie gesagt: Eine phantastische Perspektive für unsere „Alte Mitte“, die ja seit langem unter Schwindsucht litt. Der durch eine „Neue Mitte“ in der Montanusstraße weiter das Licht genommen werden könnte.

Das Verrückte ist: Unser traditioneller Siedlungskern – Kirchenkurve und untere Hauptstraße - und die Frage, wie das alles wieder wachgeküsst werden könnte, das war ein zentrales Argument dafür, überhaupt einen größeren Wurf für die Stadtentwicklung zu wagen, war der Ausgangspunkt für das sehr vielgestaltige „Integrierte Entwicklungs- und Handlungskonzept Burscheid 2025“, das der Projektentwickler ASS aus Düsseldorf detailliert ausgearbeitet hat. Man kann dies live und in Farbe als pdf auf der Internet-Seite der Kommune finden = https://www.burscheid.de/portal/seiten/stadtentwicklung-900000126-40230.html# . Und wenn man da nachblättert, dann findet man die Sanierung genau dieses Stadtteils im IEHK sogar als zuallererst ausbuchstabiertes und ab 2018 zu realisierendes Handlungsfeld, auf den Seiten 136ff, wo die konkreten IEHK-Maßnahmen beginnen, und auf S. 184, 190f, wo die Kosten dazu kalkuliert sind. Aber: eider, leider ist heute das ganze schöne Fördergeld für das IEHK bereits anderweitig ausgegeben oder fest verplant, etwa auch zur Vorbereitung der „Neuen Mitte“ in der Montanussstraße. Warum, wie und wann sich die Prioritäten hier so massiv verändert haben, das hat bisher niemand den Bürger*innen erklären wollen. Auch wenn es im IEHK auf S. 182 recht treuherzig heißt:

Die Sachstände einschließlich der Kosten müssen während des Realisierungsprozesses sukzessive aktualisiert und in den politischen Gremien und mit der Bürgerschaft diskutiert werden. Es bleibt auch weiterhin ein demokratischer Prozess“ (Hervorhebungen von mir; eine entsprechende Bürger-Info hat es zum Absetzen der Altstadt nie gegeben).

Bei mehreren Gesprächen in Kuckenberg, u.a. bei dem famosen pop-up Hoffest der Meinhardts und Filters an Kuckenberg 54/54a am 18.6.2025 (danke, das braucht das Dorf!) kam die Sprache auf ein oder mehrere Krefelder oder Berliner Kissen in Kuckenberg, also leichte Polster / Schwellen auf der Fahrbahn – sie ist hier gleichzeitig auch Fuß-/Radweg und Kinderspielplatz – die an die schon vor Jahrzehnten nach einigem Quälen eingerichtete Tempo-30-Zone erinnern sollen. Zu den beträchtlichen mentalen Hindernissen siehe noch unten unter „Stadtplanung ins Blaue“. 

In Neuenhaus erinnerte ein in langjährigen, bis heute leider erfolglosen Dialogen gestählter Bürger an die besonderen Risiken der Kreuzung der Straße nach Opladen mit der Industriestraße / Dierather Straße und den hier seit Jahrzehnten breit geforderten Kreisverkehr – man stünde da leider am Ende einer aussichtslos langen Schlange anderer Verkehrsprojekte. Tja, und hier kann man wirklich mit dem Kopf schütteln. Zwischenzeitlich hatte man mal – auf Einwirken des Kreises – sogar die zulässige Geschwindigkeit im Kreuzungsbereich von 50 km/h auf 70 erhöht – bei einer schlecht einsehbaren und durch die Schule Dierath in Intervallen stark belasteten Kreuzung! Zumindest das konnte nach umfangreichen Protesten nach immerhin zwei Jahren revidiert werden, siehe etwa https://uliswahlblog.blogspot.com/2009/08/das-vaterlose-schild-und-die.html

Besser keine Planung ins Blaue!

Am 24.6.2025 im Burscheider Stadtentwicklungsausschuss / StEA: TOP Ö1 ist dort wie in allen Ausschüssen die sogenannte Einwohnerfragestunde; man kann das nach Kräften für den Dialog nutzen. Zwei Punkte interessieren mich besonders – TOP Ö5 zum in Hilgen auf der Fläche des Hotel Heider geplanten neuen Discounter = LIDL, dort insbesondere die jeweils nach § 11 Abs.3 BauNVO erforderlich Verträglichkeitsanalyse. Und dann noch der prinzipiell sehr begrüßenswerte Antrag des BfB unter  TOP Ö6, einen Gehweg zwischen Herkensiefen und Paffenlöh herzustellen, übrigens ein jahrzehntealter running gag der Stadtplanung, der immer und immer wieder am Widerspruch eines Grundeigentümers gescheitert sein soll.

Zu TOP Ö5 / Verträglichkeitsanlayse für einen neuen LIDL-Markt 

weise ich auf die wiederholten und deutlich warnenden Hinweise des Gutachtens auf die bereits heute im Bundesvergleich weit überdurchschnittlichen Verkaufsflächen für Nahrungs- und Genussmittel hin (mit LIDLneu werden wir bei den Discounterflächen satte 206% der bundestypischen Fläche erreichen) und auf den bereits prognostizierten weiter intensivierten Wettbewerb (z.B. S. 28f, 34f, 36f, 40; die Datei ist im Angebot der Kommune herunterzuladen) und auf die ggf. negativen Auswirkungen auf öffentliche Kassen. Nach Reaktion des Beigeordneten wisse man nicht (!), ob dies auch für Burscheid nachteilig sein werde; die Firmen hätten halt vielfältige Möglichkeiten, Steuern zu vermeiden oder zu manipulieren. Fakt bleibt allerdings: Die Firmen betreiben eine aggressive Politik der Flächenerweiterung (siehe ausdrücklich auch Analyse S. 25), nach den angebots- und nachfrageseitigen Faktoren besteht kein Grund für weitere Flächen in Burscheid (Analyse S. 26) und irgendjemand muss eine so sinnfreie Investition amortisieren – da wir nicht mehr essen und trinken wollen werden oder dies nicht bezahlen können, landet der millionenfache Aufwand am Ende in jedem Fall in den staatlichen Kassen. Und damit bei uns allen, ohne Gegenwert.

Zu TOP Ö6 / Fußweg nach Paffenlöh

bitte rege ich eine systematische Analyse der für Fußgänger / Radfahrer ggf. kritischen Infrastruktur im Stadtgebiet an, nach dem sehr vernünftigen ADFC-Motto einer möglichst "fehlerverzeihenden Infrastruktur". Als Negativ-Beispiel weise ich auf die immerhin erst nach 1945 angelegte (!) Straße „In der Dellen“ hin. Diese eng besiedelte Straße bietet anstelle von Bürgersteigen nur Kleiderbügel-breite „Notstege“, völlig ungeeignet für Kinderwagen, Rollatoren oder ähnliche Hilfen. Sich dort an den parkenden Autos vorbei zu schlängeln, das kommt nach meiner mehrfachen Erfahrung einer Mutprobe gleich. An anderen Stellen wie etwa in Kuckenberg etwa (s.o.) mag es sehr sinnvoll sein, den selbstbewusst vorwärts strebenden Verkehr durch Kissen oder sonstige Formen der Fahrbahngestaltung an Vorsicht, Umsicht und Rücksicht auf die Schwächeren zu erinnnern.

Leider konnte und wollte die Kommune hinsichtlich einer Strategie keinerlei Hoffnungen machen. Nein, so sagte der Beigeordnete, „Planungen ins Blaue“, das wäre nicht das Ding der Stadt. Man mache eben immer dann etwas, wenn man sich – etwa wegen anstehender Reparaturen – ohnehin mit den jeweiligen Punkten beschäftigen müsse (!). Das ist so ziemlich das genaue Gegenteil reflektierten und nachhaltig geplanten Verwaltungshandelns, nicht wahr? Und ziemlich genau: "aus der Hand in den Mund". Ohne Prioritäten-Bildung. 

Ein klein wenig erinnert fühle ich mich hier an eine vorangegangene Sitzung des StEA, in der die Hochwasserfolgen jener großen Flut erörtert worden waren, die größere Teile von Hamberg bzw. des Forellentals hurtig nach Leverkusen gespült hatte. Nämlicher Vertreter der Stadt hatte damals auf Fragen betroffener Anwohner zur Finanzierung künftiger Vorsorge recht sparsam entgegnet: Wer dort siedele, dem müssten die Risiken von Tallagen doch bitte völlig bewusst sein. Das mag sein – und doch hat sich in den vergangenen 50 Jahren sehr viel verändert, das eine systematische Analyse und entsprechende gemeinschaftliche Vorsorge rechtfertigen würde. Es geht hier – wie auch an anderen Stellen – eher um Problemstellungen der Allmende als um solche des Privatbesitzes. 

Allerdings hat die Einlassung viel von einer bedeutenden Strömung im US-amerikanischen Haftungsrecht: „Leave losses where they fall!“ Und spare Transaktions-Aufwand. Der Schöpfer wird’s schon richten 😉

P.S.
Ein Nachtrag zu Bornheim (s.o.) und zur Stadt-Strategie: Ich komme ziemlich häufig durch Bornheim, zumeist mit zwei Hunden. Ich habe dort noch nie einen öffentlichen Mülleimer gefunden und manchmal hätte ich dort ein Säckchen abzugeben; meine nächste Entsorgungs-Möglichkeit auf meinem einstündigen Fußweg nach Burscheid wird tatsächlich erst am Hallenbad kommen. An anderen Stellen findet man zwei oder gar drei öffentliche Mülleimer (Aussage "Nur Schweine werfen daneben!" oder "Das oder das vergeht erst in 1.000 Jahren!") in Sichtweite voneinander. Es wäre kein "Plan ins Blaue", sondern würde voll ins Schwarze treffen, wenn man sich um Gleichverteilung kümmern könnte. 

Ist ohnehin immer ein guter Plan: Gleichverteilung statt Sonderopfer. Etwa auch für den lauten neuen Trimmpark, unmittelbar hinter den neuen Häusern in der Nähe des Megafons. Bitte schnell auf Freiflächen direkt am Megafon umziehen, ohne Sonderopfer für die Balkone und die sehr voraussehbar leidgeprüften Bewohner dieser Häuser!