Überblick
1. Innenstadtpark West aka bisheriger „Alter Friedhof“
2. Plattform plus Rampe vom Radweg zur Hauptstraßenbrücke
3. Kontrapunkt
4. Nachtrag zur Historie; Resümee von Planungszielen und Planungsergebnissen nach Stand 13.5.2019
1. Innenstadtpark West aka bisheriger „Alter Friedhof“
2. Plattform plus Rampe vom Radweg zur Hauptstraßenbrücke
3. Kontrapunkt
4. Nachtrag zur Historie; Resümee von Planungszielen und Planungsergebnissen nach Stand 13.5.2019
Am 13. Mai 2019 informiert die Burscheider Verwaltung interessierte
Bürger über die derzeitigen Ergebnisse des laufenden städtebaulichen Konzepts
für Burscheid – des so genannten Integrierten Entwicklungs- und
Handlungskonzept, kurz „IEHK/Burscheid 2025“ – und gibt Gelegenheit zu Fragen
und Anmerkungen zu den Modulen „Innenstadtpark
West“, „Plattform & Rampe vom
Radweg zur Hauptstraßenbrücke“ und „Gartenweg“.
Im Internetangebot der Stadt ist die Präsentation der Ergebniszusammenfassung abrufbar
= http://www.burscheid.de/fileadmin/user_upload/redakteure/Bauen_und_Wohnen/IEHK/Praesentation_Buergerinformationsveranstaltung_2019_05_13.pdf.
Beim download je nach Bandbreite bitte etwas Geduld mitbringen: Die pdf ist ein
ziemliches Geschoss und kommt mit ca. 50 Megabyte nicht so ganz
barrierefrei durchs Rohr.
Zum Ablauf:
Der Bürgermeister lobt eingangs die Zahl der im Rathaus bereit gestellten
Stühle: Man hätte die Nachfrage ja praktisch auf den Punkt getroffen. Dann preist
er das als Testat der Landesregierung materialisierte „Glück der Tüchtigen“: In
Aussicht gestellte Fördermittel i.H.v. 70% der veranschlagten Gesamtsumme von
ca. 17 Mio. €. Darüber könne sich ein Verwaltungschef bestenfalls einmal
im Leben freuen; nochmals werde ihm so etwas sicherlich nicht gelingen. Das
befasste Planungsbüro ASS (http://www.archstadt.de/)
trägt im Folgenden vor:
1. Innenstadtpark West aka
bisheriger „Alter Friedhof“
Bei den planerisch zu kurierenden derzeitigen Schwachpunkten des Parks
hebt die Präsentation des Architektenbüros gleich als Erstes eine fehlende Anbindung an den Radweg
hervor. Eine Bürger-Nachfrage unter Hinweis auf den bereits existenten Ein- und Ausstieg in Höhe des Kinderheims und auf
die vergleichsweise kurze und flache Zuwegung zum Park über das Endstück der Bismarck-Straße
wird dann aber zurückgestellt: Besser könne man dies später zusammen mit der
Rampe zur Hauptstraße abhandeln. Tatsächlich kommt man später nicht wieder darauf zu sprechen – der
Weg über eine neue Rampe und dann den Gartenweg wäre aber auch umständlicher,
weiter und weniger barrierefrei als der Weg längs des Kinderheims, wäre dann
auch für Kinderwagen und Rollatoren nicht die allerbeste Wahl.
Zur Idee, um die alte Boule-Bahn einen Duft- und Sinnesgarten für mehrere
Generationen, gleichzeitig einen außerschulischen
Lernort zu gestalten: Dort soll eine attraktive Terrasse angelegt werden. Eine
Bürgerin weist auf die angrenzende, stark befahrene Durchgangsstraße hin; das
wäre für Kinder und Düfte/Sinne wohl weniger geeignet: Die Planerin würde, wie
sie sagt, den „Alten Friedhof“ ja gerne an eine weniger belastete Stelle verlegen;
ganz offensichtlich sei dies aber nicht möglich. Auch abgrenzende Maßnahmen gegen Immissionen
seien nur eingeschränkt realisierbar. Auf weitere Nachfrage: Konkrete
Interessen und Ansätze zur Nutzung eines außerschulischen Lernortes sind noch nicht bekannt. Eine Bürgerin erinnert
daran: Neben dem etwas entfernten und bereits recht abgewetzten Spielplatz im
Luchtenberg-Park gebe es deutliche Nachfrage nach Kinder-Spielmöglichkeiten im Innenstadtbereich. Die Planerin
erläutert, es seien keine Spielgeräte
geplant; nach ihrer Erfahrung bevorzugten Kinder aber ohnehin Gestaltungen ohne
eine im Voraus organisierte Funktionalität für Kleinkinder. Eine Anwohnerin
weist auf Erfahrungen mit Ballspielen
hin – es komme immer wieder zu brenzligen Situationen, wenn Bälle auf die
Durchgangsstraße rollten; die Planerin will dies bei der Planung von Büschen
berücksichtigen. Angesprochen wird ferner die Lage der neuen Terrasse: In
unmittelbarer Nähe zur umliegenden Wohnbebauung
würde die zu unzumutbarer Belästigung führen, wenn dort des Abends und in der
Nacht „Party gemacht“ würde. Ein Bürger schlägt Verlegung der Terrasse auf den
Hang zwischen Gartenweg und Radweg vor; dies wird nicht weiter kommentiert. Auf
Nachfrage nach der nachhaltigen Pflege
der geplanten anspruchsvollen Gartenanlage: Der Bürgermeister sieht einen per
Saldo durch das IEHK gesteigerten Bedarf an Bodenpflege; dies wäre aber auch
der Anspruch der Kommune und er werde dies mit den THW besprechen. Ergänzend
wird nachgefragt nach der (im Vorfeld zugesagten) Integration einer Stahlplatte mit Blattwerk – dies ist
der Planerin nicht bekannt und wird geprüft – und nach etwa zu integrierenden
Angeboten für outdoor-Sport. Weiter:
Der Baumbestand soll bis auf zwei
Akazien an der neu anzulegenden Terrasse erhalten bleiben.
Am Ende der Präsentation bleiben die Gestaltung und Lage von Terrasse
und Sinnesgarten etwas in der Schwebe; ebenso wenig klar wird, welche
signifikante Schnittmenge es zwischen den jeweilige Nutzern von Park und Radweg
geben kann und wird.
2. Plattform plus Rampe vom
Radweg zur Hauptstraßenbrücke
Die Planerin weist auf den zunehmenden Radverkehr hin, auch und
insbesondere mit E-Bikes. Es gelte auf die Angebote der Innenstadt aufmerksam
zu machen; bisher laufe zu viel touristischer Verkehr an Burscheid vorbei bzw. unter
der Burscheider Innenstadt hindurch. Es gebe derzeit keine direkte Anbindung an
die Innenstadt. Schaffe man diese, so könnten in der Innenstadt „Brause &
Bier“ besser abgesetzt werden.
Als Lösung der Problemlage wird eine Rampe angeboten, die auf dem Radweg unter der Brücke der
Umgehungsstraße (= Höhe des o.g. „Alten Friedhofs“) ansetzt und Radfahrer/Fußgänger
etc. parallel zum Radweg auf das Niveau der Hauptstraße hochführt. Die Rampe
wird nicht freitragend ausgeführt, sondern wird in den vorhandenen schrägen
Hang geschnitten und mit feinkörnigem (Flüster-) Asphalt belegt; als
Absturzsicherung ist ein Gittergeländer vorgesehen. Die örtlichen Gegebenheiten
werden zu Steigung/Gefälle von max. 7,9 %
führen (Anm.: barrierefrei sind Neigungen bis max. 6 %); die Breite soll
2,5 m betragen.
An der Hauptstraßenbrücke solle neben dem Ansatzpunkt der Rampe ein ca. 100 qm großes Podest entstehen,
das von der Seite auf Stelzen halb über den Radweg hinausragen werde. Wie ein
von hochrangigen touristischen Zielen bekannter Skywalk (siehe z.B. am Grand Canyon oder
am Dachstein)
solle das Podest „die Innenstadt in
Szene setzen“ und zusätzliche Radler von der Balkantrasse "anlocken“. Ausdrücklich:
Burscheid könne sich mit einem solchen Angebot „aus dem städtebaulichen Einerlei herausheben“ und man könne „Vielfalt in die Innenstadt bringen“.
Der Bürgermeister sekundiert mit der Bemerkung: Alles das mache man schließlich
„nicht aus Spaß“, ohne solche
Maßnahmen drohe „die Innenstadt zu
kippen“. Gäbe es keine Kaufangebote für den täglichen Bedarf mehr, dann
wäre „die Innenstadt tot“; gerade
dem könne und wolle man ja mit dem IEHK entgegenwirken. Hingewiesen wird in
Kontext mit der Rampe auch auf die neue Gestaltung eines „Hauses der Kulturen“
und die geplanten neuen Kaufangebote in der Nähe des Jugendzentrums. Zudem
zitiert die Planerin positive Erfahrungen aus einer nach ihrer Meinung vergleichbaren
Situation: In einer anderen Stadt habe ein an einer Burg zusätzlich realisierter
Aufzug neuen Verkehr in eine früher
touristisch eher abgeschiedene Innenstadt tragen können (Anm.: der konkrete Ort
wurde mir nicht klar).
Das Podest solle neue
Aufenthaltsmöglichkeiten in der Innenstadt schaffen, ggf. auch für ein hochwertiges
Angebot der Außengastronomie. Die
Seiten der Plattform sollen transparent sein und des Nachts gut sichtbar illuminiert; auf
Nachfrage: eine solargestützte Beleuchtung wird geprüft. Eine kurzfristig
realisierbare Außengastronomie ist allerdings noch nicht in Sicht. Der
Bürgermeister schätzt dies zurückhaltend ein; zunächst seien auf dem
Podest allenfalls Bänke und ggf. Sonnenschirme zu erwarten.
Aus der Erörterung mit den Bürger/inne/n:
Ein Bürger greift die Annahme der Planerin auf, es gebe „keinen
direkten Zugang vom Radweg zur Innenstadt“: Tatsächlich führe jenseits der
Hauptstraßenbrücke in recht genau gleicher Entfernung wie zum Beginn der
geplanten Rampe bereits jetzt eine
Ableitung des Radwegs zur Innenstadt, und zwar mit dem Vorteil gegenüber
der Rampe, höhengleich und damit
barrierefrei zu sein. Darüber wären die bereits genannten Ziele „Haus der
Kulturen“ und die geplanten Angebote in der Nähe des Jugendzentrums sogar
besser erschließbar (Anm.: zugegebenermaßen gäbe es dort aber keinen Ansatz zur
Konstruktion eines „Skywalk“). Eine weitere höhengleiche Ableitung gebe es schon
an der Dammstraße. Der entscheidende Mehrwert einer aufwändigen Rampe an der
vorgeschlagenen Stelle sei daher bisher nicht schlüssig dargetan. Ein weiterer
Bürger knüpft daran an und schlägt vor, einen attraktiven innerstädtischen
Radweg als alternativ anzubietende Spange
durch die Innenstadt zu planen. Dies vermeide den für die Radfahrer
sinnwidrigen Eindruck eines bloßen Stichs oder einer Sackgasse und könne nicht
nur punktuelle Wirkung entfalten, sondern würde Angebote entlang des ganzen
Weges eröffnen. Ein dritter Bürger mahnt dazu, bei den Planungen auch den
Nutzen für die untere Hauptstraße im
Blick zu behalten; dort bestehe der objektiv größere Nachholbedarf und die
größere Gefahr des Kippens; die Erwartung von Radtouristen würden zudem in der
Nähe der Kirche – wo man gemeinhin das Zentrum vermutet - am ehesten
enttäuscht.
Ein Bürger fragt, ob man nicht auf der anderen Seite der Hauptstraßenbrücke noch eine weitere Plattform anbringen könnte, und damit nicht noch mehr Vielfalt erzeugen würde. Die Planerin setzt kurz zu einer Erklärung an, bemerkt dann aber - wohl nicht zu Unrecht - dass dieser Einwurf eher sarkastisch gemeint sein dürfte, und bricht die weitere Erörterung dazu ab.
Ein Bürger fragt, ob man nicht auf der anderen Seite der Hauptstraßenbrücke noch eine weitere Plattform anbringen könnte, und damit nicht noch mehr Vielfalt erzeugen würde. Die Planerin setzt kurz zu einer Erklärung an, bemerkt dann aber - wohl nicht zu Unrecht - dass dieser Einwurf eher sarkastisch gemeint sein dürfte, und bricht die weitere Erörterung dazu ab.
Zur Plattform nachgefragt wird auch bzgl. eines etwaigen Vermüllens der Innenstadt. Dazu erklärt
die Planerin, „nicht für alles sorgen“
zu können; eine Teilnehmerin schätzt das Problem auch eher gering ein – bei
einer gastronomischen Nutzung des Podests würde sich doch der betreffende Gastwirt
darum kümmern (Anm.: ein gastronomisches Angebot ist, wenn überhaupt, dann erst
mittelfristig realistisch, s.o.). Es gibt bei den Planern ferner keine
Besorgnis wg. fehlender Toiletten –
nach der mitgeteilten persönlichen Erfahrung des Bürgermeisters wird man mit
diesem Begehr an der Burscheider Hauptstraße auch nirgends abgewiesen ;-)
3. Kontrapunkt
Einen interessanten Kontrapunkt setzt ein Teilnehmer, der offenbar mit
der Planerin fühlt und ob der Debatte ein wenig mit ihr leidet: Er könne „nicht fassen“, dass die Bürgerinnen und
Bürger in einem weit fortgeschrittenen Stadium der Planung noch Einzelheiten
hinterfrügen; dies sei doch eine (wörtlich) „Unverschämtheit“. Tatsächlich sei hier und jetzt doch einfach mal „Vertrauen in die Fachleute“ angebracht... Offenbar erwartet dieser Bürger - anders als die Mehrzahl der Anwesenden - von der Informationsveranstaltung weniger Bürger-Dialog und mehr Frontalunterricht durch Kommune und Planungsbüro.
Prompt fühlt sich der Autor dieses Post ein wenig an den unmittelbar vorangegangenen
Tag erinnert. Das war der 12. Mai 2019, Tag des Burscheider Bürger- und
Umweltfestes. Ich hatte einen Mitarbeiter der Stadt auf die bevorstehende
Informationsveranstaltung zum IEHK und speziell auf die Planung für Rampe &
Podest angesprochen, wie sie nach einer Präsentation im Stadtrat einige Wochen
vorher ausführlich in der Presse behandelt worden war. Ich hatte mich auch danach
erkundigt: Könnte das in den Berichten angekündigte zusätzliche Angebot von
Außengastronomie nicht unsere bereits etablierten Angebote berühren oder gar
gefährden? Jener Mitarbeiter aus dem gehobenen kommunalen Management hatte mir daraufhin mit Leichenbittermiene bedeutet:
Das fände er (wörtlich) doof, dass Leute,
die sich nicht konkret mit den Planungsgrundlagen befasst hätten, über Details
des IEHK reden würden. Eine ältere Dame, die die gleichen Fragen hat, nimmt er galant ausdrücklich vom "doof" aus. Und überhaupt sähe er konkurrierende gastronomische Angebote
doch als sehr hilfreich an! Zu Letzterem: Konkurrenz kann ein Geschäft beleben, wenn
die Zahl der Nachfrager offen ist oder zumindest ein gutes Stück auszuweiten
ist. In anderen Fällen – so auch manche Burscheider Erfahrung – kann der
Wettlauf um Kundschaft sehr schnell ruinöse Züge annehmen - und alle verlieren, die Anbieter ebenso wie die Kundschaft. Meine Meinung.
Also zusammengefasst: Ich bin wohl ein wenig doof und auch
unverschämt, wenn ich den hohen Sinn von Rampe und Podest noch immer nicht einsehen
will. Oder es trifft auf mich jene Zurechtweisung zu, die man gemeinhin einem beispielgebenden
Technokraten, nämlich dem Großen
Kurfürsten, Friedrich Wilhelm von Brandenburg zuschreibt:
"Es ist dem Untertanen
untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der
Obrigkeit anzulegen".
Tatsächlich stammt dieses Zitat allerdings gar nicht von Friedrich
Wilhelm; es ist vielmehr die etwas verkürzte bzw. verballhornte Version einer ernsten
Abmahnung des preußischen Innenministers und Staatsministers Gustav von Rochow
gegenüber ein paar in einer Verfassungsfrage widerspenstigen Professoren. In
der hier sogar noch besser fluchtenden Vollform lautete sein Rat zur
gehörigen Etikette:
"Es ziemt dem Untertanen,
seinem Könige und Landesherrn schuldigen Gehorsam zu leisten und sich bei
Befolgung der an ihn ergehenden Befehle mit der Verantwortlichkeit zu
beruhigen, welche die von Gott eingesetzte Obrigkeit dafür übernimmt; aber es
ziemt ihm nicht, die Handlungen des Staatsoberhauptes an den Maßstab seiner
beschränkten Einsicht anzulegen und sich in dünkelhaftem Übermute ein
öffentliches Urteil über die Rechtmäßigkeit derselben anzumaßen."
4. Nachtrag zur Historie; Resümee von
Planungszielen und Planungsergebnissen nach Stand 13.5.2019
Sind Rampe und Skywalk in der Informationsveranstaltung bzw. bei der
Präsentation im Rat quasi aus dem Hut gezaubert worden? Das dachte ich
zunächst, es meinten auch viele andere, mit denen ich gesprochen hatte – aber
es ist dennoch nicht so gelaufen: Tatsächlich beschreibt das IEHK-Konzept aus dem Jahr 2016
dieses Modul bereits weitestgehend (die angestrebte Steigung von ca. 6% ließ
sich wohl am Ende nicht realisieren), und auch die Begründung hat sich seit 2016
offenbar nur minimal weiter entwickelt. Ich zitiere von S. 149 des
Konzepts mit Stand Dezember 2016, abrufbar unter http://www.burscheid.de/fileadmin/user_upload/redakteure/Bauen_und_Wohnen/IEHK/IEHK_2025_Konzept.pdf
(Obacht, wieder ist etwas Geduld erforderlich: diese pdf ist ca. 45 Megabyte
schwer und braucht z.B. in Kuckenberg etwa 5 Minuten durchs Rohr):
ANBINDUNG DES PANORAMA-RADWEGS AN DIE
INNENSTADT
Zurzeit wird die
Burscheider Innenstadt vom Panorama-Radweg „Balkantrasse” lediglich
„unterfahren“. Es gibt nur wenige Hinweise für die vorbeikommenden
RadfahrerInnen, dass sich das Burscheider Zentrum in unmittelbarer Nähe
befindet. Geschweige denn, dass die RadfahrerInnen für eine Rast oder einen
Aufenthalt in die Stadt gelockt werden. Der Panorama-Radweg erfreut sich einer
immer größer werdenden Beliebtheit. Immer mehr Radwege werden zu einem
attraktiven Verbund zusammen geführt, der von immer mehr RadfahrerInnen genutzt
wird. Hierin verbirgt sich ein großes Potenzial zur Stärkung und Belebung der
Innenstadt. Dazu ist die Schaffung von mehreren guten und einer sehr guten,
direkten Anbindung des Panorama-Radwegs „Balkantrasse” an die Innenstadt
zwingend notwendig. Östlich der Innenstadt ist die niveaugleiche Anbindung an
die Dammstraße zu optimieren. Westlich des Zentrums sind verschiedene
niveaugleiche Anbindungen vom Radweg an die Montanusstraße zum Teil vorhanden
und zum Teil noch zu errichten. Insbesondere im Westen der Montanusstraße muss
im Zusammenhang mit der Entwicklung des Einzelhandelsvorhabens eine neue, gut
ausgeschilderte Anbindung geschaffen werden. Keine dieser Anbindungen bringt
den die RadfahrerIn aber direkt ins Zentrum. Aufgrund der topographischen und
räumlichen Verhältnisse bietet sich an, eine 2,50 m breite Radwegerampe mit
einer Steigung von rd. 6,0 % in der Böschung parallel zum Gartenweg zu errichten,
die auf die Hauptstraße und somit direkt im Zentrum der Stadt mündet. Diese
Anschlussstelle wird durch eine über der „Balkantrasse” freikragende, rd. 100 m2 große Plattform weit sichtbar betont. Sie kann auch für
außengastronomische Zwecke genutzt werden. Eine kleine, rd. 30 m2 große Plattform östlich der Brücke an der Hauptstraße ergänzt das
Angebot um einen zusätzlichen Begegnungs- und Aufenthaltsraum an der mittleren
Hauptstraße. Die Inszenierung dieser Plattformen wird entscheidend dazu
beitragen, die Stadt Burscheid für RadfahrerInnen ins rechte „Rampenlicht“ zu
rücken.
Sind uns Bürgern darum nun Fragen zu diesem Modul verwehrt, sind sie sozusagen
„verjährt“? Ich meine: Nein. Eine
unschlüssige Planung kann nicht durch reinen Zeitablauf schlüssig werden. Oder
aber: Unsinn und Mord haben eines gemeinsam – sie verfristen nicht. Rampe und
Podest sind auch kein Element, mit dem das IEHK stehen oder fallen würde; sie
haben bestenfalls eine ausschmückende Funktion und könnten ohne Weiteres durch
eine funktionalere und dabei kostengünstigere Alternative – etwa die
vorgeschlagene Spange – ersetzt werden. Zumindest kann dies vor dem ersten
Spatenstich vom Planungsbüro geprüft und bewertet werden.
Resümee der Planungsziele und
-ergebnisse zu Rampe/Podest
-
Schaffen einer
„sehr guten, direkten Anbindung der Innenstadt an den Radweg“ (IEHK-Konzept
2016 S. 149; ähnlich Folie 18 d. Präsentation v. 13.5.201)
Entgegen der ursprünglichen Konzeption wird die Rampe nicht mit einer barrierefreien Steigung realisiert. Damit würde sie kein realistischer Zugang für den ganz
wesentlichen Teil der Nutzer der Balkantrasse; die Nutzung etwa für Kinderwagen,
Rollstühle & Rollatoren, konventionelle Fahrräder und selbst Rennräder ist unwahrscheinlich.
Als „sehr gute Anbindung“ ist dies damit
keinesfalls zu qualifizieren. Insbesondere ist ein Delta gegenüber einer etwaigen
Aufwertung der innenstadtbezogenen, bereits
existenten höhengleichen und damit barrierefreien Aus- und Einstiege nicht
schlüssig.
Wenn man auf einen Reusen-artigen Effekt zum Abfischen der bergwärts stürmenden Radfahrer baut - dies könnte, wenn, dann überhaupt auf die 50% der eben in diese Richtung strebenden Pedalophilen wirken; für den etwa hälftigen Verkehr aus der Wermelskirchener Richtung sind die höhengleichen Ausstiege zur Montanusstraße die offensichtlich bessere und eingängigere Wahl. Schließlich: Die Gestaltung der Plattform ist an dieser Stelle eine ernsthafte architektonische Herausforderung. Bahntrasse und Hauprstraße kreuzen sich nicht rechtwinklig, sondern in Winkeln von ca. 60 bzw. 120 Grad. Wie immer man es anstellt, wird die Plattform notwendig schräg aussehen - und die Perspektive von der Bahntrasse aus dürfte mit den zusätzlich schief gelegten Pylonen, die das Gewicht der Plattform nach unten ableiten, nochmals schräger sein und den eigentlichen Charakter einer Brücke völlig verzerren - wenig einladend. Allerdings mag für die Planer hier die bauliche Ästhetik auch nicht im Vordergrund stehen.
Wenn man auf einen Reusen-artigen Effekt zum Abfischen der bergwärts stürmenden Radfahrer baut - dies könnte, wenn, dann überhaupt auf die 50% der eben in diese Richtung strebenden Pedalophilen wirken; für den etwa hälftigen Verkehr aus der Wermelskirchener Richtung sind die höhengleichen Ausstiege zur Montanusstraße die offensichtlich bessere und eingängigere Wahl. Schließlich: Die Gestaltung der Plattform ist an dieser Stelle eine ernsthafte architektonische Herausforderung. Bahntrasse und Hauprstraße kreuzen sich nicht rechtwinklig, sondern in Winkeln von ca. 60 bzw. 120 Grad. Wie immer man es anstellt, wird die Plattform notwendig schräg aussehen - und die Perspektive von der Bahntrasse aus dürfte mit den zusätzlich schief gelegten Pylonen, die das Gewicht der Plattform nach unten ableiten, nochmals schräger sein und den eigentlichen Charakter einer Brücke völlig verzerren - wenig einladend. Allerdings mag für die Planer hier die bauliche Ästhetik auch nicht im Vordergrund stehen.
-
Realisierung
eines „großen Potenzials zur Stärkung und Belebung der Innenstadt“ (IEHK-Konzept
2016 S. 149)
Dahinter steht eine von Anfang an nicht empirisch unterlegte
Überschätzung des Konsum-Potenzials der Radfahrer, die etwa von der Balkantrasse abzuleiten oder "anzulocken" wären. Fahrräder sind typischerweise keine bulk-carrier bzw. auf Transport
von Lasten ausgelegt. Es ist nicht schlüssig dargetan, auf welche
Dienstleistungen und Warengruppen sich ein etwa erhöhter Durchsatz Umsatz-steigernd
auswirken könnte. Was an der Hauptstraße angeboten wird, das findet man höchst selten auf dem Gepäckträger eines Fahrrads oder wird von Fahrrad-Touristen gesucht: Uhren etwa, Handys, Waschmachinen, Bücher oder Haarschnitte. Auch sind Angebot und Nachfrage im Wortsinn antizyklisch: Radverkehr boomt an sonnigen Wochenenden - dann sind die Ladentüren schlicht zu. Am realistischsten bleibt etwas touristischer Konsum (Bier, Limo, Kaffee & Co., kleine Gerichte),
wie auch am 13.5.2019 herausgehoben. Selbst beim touristischen Konsum ist aber nicht
annehmlich gemacht, wie dies durch die Rampe signifikant ausgeweitet werden könnte. Wenn, dann sind am ehesten Verdrängungseffekte zulasten bereits
etablierter Angebote zu erwarten (etwa „Alter Bahnhof“). Vorhandene Unternehmungen
in Frage zu stellen, das ist aber kein vernünftiges Ziel nachhaltiger
Stadtplanung.
-
„Niveaugleiche
Anbindung der Rampe an Plattform und Brücke“ (Folie 18 d. Präsentation v. 13.5.2019)
Dies ist kein Vorteil der Rampe, sondern stellt lediglich fest, dass Rampe
und Plattform als Ensemble geplant
werden. Die Anbindung an die Brücke ist die natürliche und zu erwartende Eigenschaft
der geplanten Rampe.
Möglicherweise sind die beiden Elemente in der Genese auch umgekehrt
verknüpft: Den Planern mag eingangs vorgeschwebt haben, mit dem Podest einen
Skywalk-ähnlichen, besonderen Akzent zu setzen – die Planerin drückte es am
13.5.2019 so aus: „Burscheid inszenieren / aus dem städtebaulichen Einerlei
herausheben“. Ein solches Podest hat, wenn überhaupt, dann einen möglichen
Platz nur an der Hauptstraßenbrücke (blendet man hier einmal die noch höhere,
aber vom Zentrum weiter entfernte Griesbergerstraßen-Brücke aus). Vom Podest
her gedacht könnte dann die Rampe zur Balkantrasse zusätzlichen Nutzen stiften - sie wird damit ergänzende bzw. dienende Begründung des Podestes. Die
Rampe macht dann aber gleichzeitig umso weniger Sinn, je weniger Funktion das Podest entfaltet.
-
„Rampe
wird durch Bodenauftrag erstellt, kaum Bodenabtrag“ (Folie 18 d. Präsentation
v. 13.5.2019)
Kein Vorteil, dies verspricht bestenfalls die Abwesenheit von Nachteilen; es ist ein vorsorglich defensives Argument.
-
„Erhalt
der Baumkulisse an der Böschungsoberkante zum Gartenweg“ (Folie 18 d. Präsentation
v. 13.5.2019)
Wie vor.
-
„Mehr
Aufenthaltsqualität an der Hauptstraße“ (Folie 18 d. Präsentation v. 13.5.2019)
Das Podest könnte im Zusammenhang mit einer konkreten Nutzung – im Gespräch war zu Zeiten eine höherwertige
Außengastronomie – tatsächlich mehr Aufenthaltsqualität stiften. Allerdings
gibt es dafür auch drei Jahre nach Erstellung des Konzepts keinerlei konkrete Perspektive. Auf der
Informationsveranstaltung v. 13.5.2019 erwartete selbst der Bürgermeister hier
keine kurzfristige Lösung.
Selbst die vom Bürgermeister nun zurückhaltend skizzierte Einfach-Lösung
bis auf Weiteres („Bänke, Sonneschirme“) dürfte wegen der allseits luftumströmten
Lage des „Podests“ wenig nachgefragte Qualität schaffen: Die teils Windkanal-artigen Schneisen
von Hauptstraße und Bahn-Einschnitt mögen zwar einen bevorzugten Standort für
eine Windkraftanlage formen, weniger aber für Sonnenschirme. Ungesagt bleibt auch, wer für solche Sonnenschirme Verantwortung übernehmen wollte.
-
„Wegweiser
zur Burscheider Innenstadt“ (Folie 18 d. Präsentation v. 13.5.2019)
Ohne einen direkt sichtbaren Nutzen (siehe oben) wird das Podest den
Weg auf die Rampe kaum attraktiv gestalten können. Auch liegt der
Einstiegspunkt der Rampe recht weit entfernt von der Brücke und an einer hier
zudem gekrümmten Trasse; daher wird der Impuls für ein spontanes Abbiegen auf
die Rampe in vielen Fällen schlicht zu spät kommen. Daran wird auch eine
etwaige Illumination des Podestes wenig ändern – zumal sie bei Tag nicht wirkt
und bei einsetzender Dunkelheit der Verkehr auf der ihrerseits bisher unbeleuchteten
Balkantrasse stark abfällt.
-
„Angebot
für Außengastronomie“ (Folie 18 d. Präsentation v. 13.5.2019)
Siehe oben: Bis auf Weiteres ist selbst nach Einschätzung des
Bürgermeisters keine gastronomische Nutzung in Sicht. Nach der ernüchternden Erfahrung
mit den Plänen zur Belebung unseres Marktplatzes (!) wäre es sehr riskant, für das erst
noch zu erstellende Podest auf eine auch nur mittelfristige Lösung bzw. Nutzung zu bauen. Wahrscheinlicher
ist, dass Infrastruktur an diesem Ort an einem tatsächlichen Bedarf vorbei
geplant wäre, dass jedenfalls der erzielbare Effekt außer Verhältnis zu den
einzusetzenden Mitteln bliebe. Der einzige nachhaltige und bilanzierbare Nutzen könnte in der
Projektierung und Erstellung selbst liegen.
Information zu den
projektierten Kosten (Folie 27 d. Präsentation v. 13.5.2019)
Kosten einschl. Baunebenkosten und MwSt.
Rampe inkl. Stützmauer, Geländer: 214.000,00 €
Plattform:
296.000,00 €
Illuminierung
der Brüstungselemente der Plattform: 24.000,00
€
Gesamtkosten: 534.000,00 €
Finanzierung über Städtebaufördermittel im Rahmen der
KSG-Maßnahme „Burscheid Innenstadt“
Zuwendungsfähige Kosten, Städtebauförderung: 534.000,00 €
Zuwendung
(70%): 373.800,00 €
Eigenanteil
Stadt Burscheid (30%): 160.200,00 €
Unter dem Strich:
Die Begründung für das Planungsmodul „Rampe/Podest an der Hauptstraßenbrücke“ ist bereits im IEHK-Konzept nach Stand 2016 zweifelhaft gewesen. Insbesondere nach den Planungsergebnissen, wie sie auf der Informationsveranstaltung vom 13.5.2019 dargestellt wurden, erscheint dieses Modul nach finanziellem Aufwand und erzielbaren Wirkungen fragwürdig. Es sollte durch funktionalere und dabei kostengünstigere Planungsalternativen ersetzt werden. Ansonsten dürften hier kommunale Mittel und ebenfalls steuerbasierte (!) Landesmittel verschleudert werden.
Die Begründung für das Planungsmodul „Rampe/Podest an der Hauptstraßenbrücke“ ist bereits im IEHK-Konzept nach Stand 2016 zweifelhaft gewesen. Insbesondere nach den Planungsergebnissen, wie sie auf der Informationsveranstaltung vom 13.5.2019 dargestellt wurden, erscheint dieses Modul nach finanziellem Aufwand und erzielbaren Wirkungen fragwürdig. Es sollte durch funktionalere und dabei kostengünstigere Planungsalternativen ersetzt werden. Ansonsten dürften hier kommunale Mittel und ebenfalls steuerbasierte (!) Landesmittel verschleudert werden.
Die örtlichen Zeitungen
haben am 15.5. über die Informationsveranstaltung zum IEHK berichtet. Am 16.5.
und am 21.5.2019 haben sie dann diese beiden Leserbriefe
abgedruckt:
Bergischer Volksbote
v. 16.5.2019
Mit Licht fängt man Motten – Mäuse aber aller Erfahrung nach mit Speck. Ein schlüssiger Nutzen der geplanten Rampe und insbesondere des illuminierten Skywalk ist aber noch gar nicht dargetan – hier war selbst der Verwaltungschef verblüffend verzagt. Die Rampe wird mit ca. 8% Steigung und Gefälle auch nicht so direkt barrierefrei und die Plattform wird eher für Windkraft optimiert sein als für Sonnenschirme. Welchen Konsum wir damit bei Radlern zusätzlich triggern könnten – und bei welchen Waren und Dienstleistungen – das ist weder seriös prognostiziert noch auch nur annehmbar. Rampe plus Skywalk könnten ähnliche Wahrzeichen frustrierter Planungsziele werden wie unsere tristen Blechbäume am Markt: Sie nutzen nicht, sie trösten nicht, aber stehen bleiben sie doch.Unser städtebauliches Konzept kommt besser ohne Rampe und Plattform aus, und dabei ganz ohne die vom Bürgermeister raunend und dräuend beschworene Lebensgefahr für die Innenstadt. Das Geld wäre besser und konsequenter investiert, würden wir die Balkantrasse im Kernbereich der Stadt beleuchten, etwa zwischen Hallenbad und altem Bahnhof. Dazu würde ich sogar eine Lampe spenden. Versprochen.
Kölner
Stadt-Anzeiger v. 21.5.2019
Manche stilisieren unsere Balkantrasse gerne hoch zu einer Art Lebensader der Burscheider Wirtschaft und Kultur. Das kann sie beim besten Willen nicht leisten. Klug geplant könnte sie allerdings dazu beitragen; dann nämlich, wenn wir unseren Fuß- und Radweg mit Augenmaß einbinden, und nicht mit planerischem Aplomb durch Rampe und einen illuminierten Skywalk.Dazu scheint mir die Anregung eines Burscheider Bürgers bei der Anhörung am 13. Mai höchst bedenkenswert: Keinen steilen und Sackgassen-artigen Stich auf eine Rampe legen – sondern über eine attraktive Spange quer durch die Innenstadt neuen Durchfluss eröffnen. Das würde die existenten höhengleichen Aus- und Einstiege intelligent und barrierefrei aufgreifen und könnte viele gute Angebote greifbar machen, würde vielleicht sogar unseren trostlos-tristen Markt wachküssen.
http://uliswahlblog.blogspot.com/2019/06/radeln-anstreichen-und-verkaufen.html