Mittwoch, 24. Juni 2009

23.6.2009: Haushalt im Hauptausschuss

Im Hauptausschuss (öffentlicher Teil) geht’s um die Gemeindefinanzen, und um die steht es bekanntlich mies, nicht erst seit gestern. Die Wirtschaftskrise wird nun den Abbau des städtischen Eigenkapitals noch weiter beschleunigen - und letztlich den politischen Gestaltungsspielraum weiter verkürzen: Die Mai-Steuerschätzung lasse verheerende Auswirkungen auf das karge kommunale Eigenkapital erwarten. Auf der Einnahmeseite brechen damit bereits jetzt eingeplante Zuflüsse weg. Und auf der Kostenseite? Da wird die Krise – einige Monate zeitversetzt und im Schwerpunkt über die Kreisumlage für Leistungen nach Sozialgesetzbuch / SGB II – auch bei den Sozialausgaben ankommen.



Auf die Frage aus dem Ausschuss, was denn passiere bzw. anders werde, wenn das Eigenkapital - eine zentrale Position im neuen Finanzmanagement der Kommunen - aufgezehrt sei, dies aller Voraussicht nach i. J. 2012? Ja, dann werde die Stadt halt „noch intensiver vor der Finanzaufsicht begleitet“. Nach dem 50-seitigen Leitfaden des Innenminsteriums v. 6.3.2009 zur Haushaltssicherung heißt das u.a.: Kommunale Investitionen nur noch mit Einzelfallgenehmigung, keine personalwirtschaftlichen Maßnahmen ohne rechtliche Verpflichtung, Kündigung aller laufenden Verträge, die ohne konkrete Rechtspflicht Kosten verursachen. Im Ausschuss wird mit einiger Frustration festgestellt, dass Burscheid nach Bewertung auch der Gemeindeprüfungsanstalt alles richtig gemacht habe und dennoch aus der Schuldenfalle nicht herauskomme, im Gegenteil immer tiefer hineingezogen werde. Ein kurzer Überschlag zeige die Situation: Bei Steuereinnahmen von insgesamt ca. 15 Mio. und unausweichlichen Transferleistungen i.H.v. 14,8 Mio. bliebe gerade einmal eine kommunale Manövriermasse von ca. 200 T€! Bei Licht betrachtet müsse man sich auch jede Hoffnung auf eine Finanzreform abschminken. Denn wer könnte uns – bei dem Zustand von Landes- und Bundesfinanzen – noch irgendetwas abgeben? Ein Hinweis aus dem Ausschuss auf § 75 Abs. 7 Gemeindeordnung, wonach Gemeinden die Überschuldung verboten ist, zeigt hier schon eher Galgenhumor. Eher lakonischer als fatalistischer Kommentar eines alten Fahrensmanns: „Dann nehmen wir das zur Kenntnis und fahren fort.” Zum Burscheider Haushaltssicherungskonzept gibt es am Ende keine Empfehlung des Ausschusses - die Diskussion soll im Rat weitergeführt werden.

Anm.: Im Jahr 2009 wird der Burscheider Haushalt erstmals nach den Vorgaben des sogenannten Neuen Kommunalen Finanzmanagements aufgestellt. Eine gute Übersicht zum NKF? Hier. Ziel ist im Grunde die Wirtschaftsweise der guten bergischen Hausfrau: Nie mehr ausgeben als vorhanden, die Nachkommen nicht für die Sünden der Eltern büßen lassen. Dazu soll ein Buchhaltungssystem nach Vorbild der Wirtschaft (doppelte Buchführung / Doppik) die hergebrachte kameralistische Aufschreibung ersetzen und den politisch Verantwortlichen jederzeit einen aussagekräftigen Blick auf die Gemeindefinanzkraft und auf die langfristigen Folgen eines politischen Projekts eröffnen. Dargestellt werden nicht nur Einnahmen und Ausgaben wie bisher, sondern der gesamte kontinuierliche Ressourcenverbrauch und neben den Zielen und dem dafür eingesetzten Aufwand auch die Ergebnisse des Verwaltungshandelns.

Der klarere Blick auf die Kassenlage kann hier aber derzeit nicht viel bewirken – außer genau dieses: Jedes Wahlversprechen, das nur einen Euro ausgibt, ohne mindestens einen Euro gesichert in die Kasse zu bringen, ist Unfug. Und so sympathisch Radwege auf traditionsreichen Dampftrassen auch sein mögen: Burscheid wird selbst bei schönst gerechneten Erstellungs- und (!!!) Unterhaltungskosten in den kommenden 10 Jahren besser mit dem Bestand Vorlieb nehmen und sich nicht freiwillig selbst erwürgen.

Unter “Verschiedenes” noch kurze Erörterung der Wahlwerbung zwischen EU- und Bundestagswahl. Es hängen / stehen noch einige EU-Wahlmedien. Nicht ganz geklärt werden kann, ob die normale Plakatierungsspanne von drei Monaten vor einer Wahl gilt oder ob in Burscheid durch Satzung bzw. Absprache im Rat eine auf 6 Wochen verkürzte Frist gilt. In jedem Fall will man nun eine pragmatische Lösung suchen, damit die armen Dreieckständer nicht ständig hin- und hergezerrt werden müssen. Mich stört das nicht so sehr – ich habe keine.

Noch ein kleiner Nachtrag incl. Fotos ganz oben und am Ende:

Die örtliche FDP hat die Haushaltslage in einer gerade an die Bürger/innen verteilten Broschüre „Information und Meinung“ mit einigen recht aussagekräftigen Daten beleuchtet; in der nächsten Ausgabe sollen dann auch konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Burscheider Finanzen folgen. Sehr löblich! Nur eine kleine Bitte: beides auch bald im Internet greifbar machen. Nochmal zurück zur Ausschusssitzung am Mittwoch: Herr Kahrl macht seine Sache gut – zurückhaltend, souverän, mit einer Prise nicht toxischen Humors. Unter allen Beteiligten wirkt er am wenigsten verspannt, verbissen, aufgeregt. Gut, er kann es auch etwas lockerer sehen. Aber wenn ich’s recht sehe, können alle Nachfolge-Bewerber (Unterzeichner eingeschlossen) da noch etwas abgucken.


Dann noch zu den drei nachgelegten Bildern: Das Bild oben am Beginn dieses Posts passt gut zu den zerrütteten Finanzen. Das dort abgelichtete Haus hat einen gewissen kulturellen Erinnerungswert. Quizfrage: „Wer hat drin gewohnt?“


Die unteren beiden stimmen etwas tröstlicher und heiterer. Einmal untere Hauptstraße am Mittwoch auf meinem Heimweg,
















einmal vom Vortag in Herkensiefen. Dazu ein kleiner Hinweis: Die Lampe brennt nicht.

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