Ministerpräsident Althaus ist am Samstag mit mehr als 94% der Stimmen erneut zum Spitzenkandidaten der Thüringer CDU gekürt worden. Das mag menschlich rücksichtsvoll sein und - wohl vor allem - mangels personeller Alternative geboten, aber es ist aus meiner Sicht kein Ausweis ernsthafter Demokratie. Althaus wurde in Abwesenheit gewählt; er bedarf nach dem schweren Skiunfall noch einige Zeit der Behandlung in einer süddeutschen Spezialklinik.
Unabhängig von der Frage, ob sich der Ministerpräsident durch den fahrlässig verursachten Unfall mit Todesfolge persönlich disqualifiziert hat: Die Wahlberechtigten haben sich von der aktuellen Konstitution kaum ein sachgerechtes Bild machen können und haben ihn doch mit weit über verfassungsändernder Mehrheit gewählt. "Sozialistische Mehrheit!" hätten wir vor 1989 gehöhnt. Kann man sich denn vorstellen, dass die Regierungspartei eines gar nicht so kleinen Bundeslandes keine personelle Alternative hervorbringen kann, wenn es nottut? Auf mich wirkt der kranke Ministerpräsident in diesem Spiel - mag er sich auch selbst für tauglich erklärt haben - wie eine Puppe, an deren Fäden andere ziehen.
Weil's ja noch nicht so lange her ist, der Vergleich: Gegen den hochvitalen US-Wahlkampf wirkt die Prozedur in Thüringen wie - pardon - rigor mortis oder Leichenstarre. Und das, obwohl demokratische Prozesse in den Neuen Bundesländern eigentlich viel jünger und frischer sein sollten. Vor allem, wenn man an die erwartungsvolle Aufbruchphase der Runden Tische unmittelbar nach dem Kollaps der sozialistischen Führung denkt. Offenbar hat die heutige deutsche Demokratie ein tiefes Motivationsproblem und einen fast rituellen Grundansatz: Demokratie wird zuallererst als Mittel der Legitimation von Herrschaft verstanden und erlebt, nicht als Weg des Teilens und Durchleuchtens von Entscheidungsbefugnissen. Schade so!
Zur Wahl der CDU hier ein nachdenklicher Bericht des Handelsblatt.
Montag, 16. März 2009
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