Mittwoch, 18. März 2009

Rauch-Schutz


Das ist das schlimmste Gift für Wahlen: Wenn die Wähler argwöhnen „Auf meinen Willen kommt’s gar nicht an, Impulse aus einer anderen Richtung steuern die Politik viel effizienter.“

Bei der gestern im Kabinett beschlossenen Lockerung des Nichtraucherschutzes kann man sich genau dieses herben Eindrucks nicht erwehren: Am Ende sind wirtschaftliche Interessen gefördert oder geschützt worden – weniger aber Gesundheit und Komfort der Bürger/innen. „Feigheit vor der Raucherlobby“ ist ein durchaus treffender Kommentar-Titel, auch wenn man nach Pressemitteilung der Landesregierung doch nur das Urteil des Bundesverfassungsgerichts v. 30.7.2008 umsetzen wollte. Was den Normalmenschen so verblüffen kann: Italien mit seinem von uns häufig belächelten („unpreußischen“) Staatswesen hat das Rauchverbot mit starkem und weiter steigenden Konsens zwischen Bürgern und Gastronomen umgesetzt, dto. das traditionell verqualmte Irland. Beide werden heute mit nachgewiesenen Verbesserungen bei Raucher-bezogenen Erkrankungen und bei der stark gesunkenen Raucherquote der Jugendlichen bestätigt und belohnt, siehe z.B. zu Irland bzw. mehrere Länder übergreifend.

Wenn man sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts anschaut, sieht man übrigens, dass das heutige Hakenschlagen vermeidbar gewesen wäre – hätte man es so gewollt. Das Gericht sagt mit großer Klarheit:
„Entscheidet sich der Gesetzgeber aufgrund des ihm zukommenden Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraums für ein Konzept des Nichtraucherschutzes in Gaststätten, das den Gesundheitsschutz im Ausgleich insbesondere mit der Berufsfreiheit der Gaststättenbetreiber verfolgt, so müssen Ausnahmen vom Rauchverbot derart gestaltet sein, dass sie auch bestimmte Gruppen von Gaststätten - hier: die getränkegeprägte Kleingastronomie - miterfassen, um bei diesen besonders starke wirtschaftliche Belastungen zu vermeiden.“Also: Mit einer konsequenten Entscheidung für den Gesundheitsschutz der Bürger/innen hätte es die heutigen Abgrenzungsprobleme und weiterfressenden Lücken gar nicht erst gegeben!

Ein weiteres unrühmliches Beispiel zur selben Frage („Wer steuert hier denn?“) war das Tempolimit, wie es inzwischen praktisch alle zivilisierten Staaten kennen, insbesondere die Amerikaner mit ihren unendlich langen und komfortabel breiten Straßen.
Als Deutscher in Deutschland wird man das Gefühl nicht los: "Wir liefern uns auf unseren schmalen Autobahnen nur deshalb atemberaubende Rennen, damit unsere vorzüglichsten Hersteller ihre Schlitten als erprobte Renner in alle Welt verkaufen können." Freie Fahrt für freie Bürger? Wohin? Kleiner Überblick über europäische Staaten: hier. Man lernt daraus: Auch Grönland und die Färöer Inseln bremsen ihre Bürger auf Autobahnen nicht aus - vielleicht mangels Autobahnen.

Ein bisschen Hintergrund zum Lobbyismus und seinem Selbstverständnis im deutschen Parlamentarismus? Gerne.

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